Wie Porta Westfalica und Minden ein wenig „tibetisch“ wurden. Ein Erfahrungsbericht der Hoffnung macht.

Alles begann damit, dass mir vor einigen Jahren auffiel, dass Tibet und seine Unterdrückung durch die chinesische KP in den Medien, gar keine Erwähnung mehr fand. Besonders deutlich wurde es mir bei dem großen Erdbeben 2015 in der Region. Zu meinem Erstaunen war in den Nachrichten von Nepal und von China die Rede. Scheinbar hatte sich die Weltbevölkerung, zumindest Deutschland, offiziell und stillschweigend damit abgefunden, das Tibet, durch die Chinesen 1959 widerrechtlich mit großer Gewalt annektiert, nun ganz und gar Teil Chinas ist. Im Jahre 2008 gab es noch einen Aufstand der Tibeter gegen ihre Unterdrücker, der von der Weltöffentlichkeit sehr beobachtet wurde. Man diskutierte den möglichen Boykott der olympischen Spiele in Peking und es gab große Solidaritätsbekundungen, wie zum Beispiel Hissen der tibetischen Flagge in vielen Städten und Gemeinden Deutschlands, wozu die Tibet-Initiative seit 1996 aufruft.

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama, zeigte sich angesichts der gewaltsamen Ausschreitungen, auch von Seiten der Tibeter, erschüttert und ruft seitdem zu absoluter Gewaltlosigkeit auf. Diesen, als „Mittleren Weg“ bezeichnete Haltung, bewog ihn auch 2011 von seinen politischen Ämtern zurückzutreten und in die Hände einer gewählten Exilregierung zu legen, um so der chinesischen Regierung entgegenzukommen. Leider ohne Erfolg.

Es ist still geworden um Tibet. Nicht alles dringt von den Greul aus dem, von einer Autokratie besetzen Land in die übrige Welt. Chinas Kontrolle ist annähernd grenzenlos.

Doch oft genug schaffen es Berichte über Unterdrückung und Gewalt bis zu uns. Die Rede ist von einem systematischen Auslöschen der tibetischen Sprache und Kultur (außer zu Folklorezwecken für geldbringende Touristen), von Verschleppung tibetischer Mönche und Menschen, die zum Beispiel nicht ihrem geistlichen Oberhaupt dem Dalai Lama abschwören wollen und vieles mehr.

Dies an dieser Stelle nur in aller Kürze. Ich empfehle jedem sich einmal mit dem Thema Tibet auseinanderzusetzen, besonders auch im Hinblick auf die derzeitige Politik der chinesischen kommunistischen Partei, die sich durch Unterdrückung, Kontrolle und Unfreiheit, ethnischen Minderheiten, aber auch ihrem eigenen Volk gegenüber, auszeichnet. Mit Sorge schaue ich auch auf Hongkong.

Nun aber möchte ich berichten, wie es zwei Frauen gelungen ist, zumindest in den Städten Porta Westfalica und Minden die verzweifelte Lage der Tibeter zum Thema zu machen und darüber hinaus es ihnen gelang die beiden Städte sich öffentlich für Menschenrechte in diesem unterdrückten Teil der Welt einzusetzen.

Schon lange zeigte ich im kleinen Bereich meiner privaten Möglichkeiten „Flagge für Tibet“. Ein Aufkleber prangt an meinem Auto und auf Briefe klebe ich kleine Tibet-Fahnen. Dies alles, um mit meinen bescheidenen Mitteln ein Zeichen zu setzen und ein bisschen dazu bei zu tragen, dass das Land und sein Volk, nicht völlig in die Vergessenheit gerät.

Das ist nicht nichts und eigentlich hatte ich mich schon damit abgefunden, dass eben nicht mehr zu machen ist und ich nahm die Lage so wie sie ist schon als gegeben hin, als ich auf einen Leserbrief in unserer hiesigen Presse stieß: „Lasst die Tibet-Fahne flattern!“ im April 2018 geschrieben von einer Christiane Haselau. Das hatte bei mir gesessen!

Dort prangerte sie an, dass in der Stadt Minden seit einigen Jahren die Fahne nicht mehr gezeigt werde. Grund dafür war die Städtepartnerschaft mit einer chinesischen Stadt und Minden. Zwar wurde es nie wirklich bestätigt, jedoch war die Sache klar. Man knickte ein vor Chinas langem Arm und den Interessen der regionalen Wirtschaft.

Der Leserbrief zeigte mir, es geht also doch. Man kann mehr tun. Und vor allem, ließ er mich erkennen: Ich bin in der Sache nicht allein! Das motivierte mich noch mehr Gleichgesinnte zu suchen und ich wurde Mitglied der Tibet Initiative Deutschland.

Dort wiederum erfuhr ich, wie man vorgehen könnte, um in der eigenen Stadt oder Gemeinde das Thema einzubringen. Es folgten also ein Gespräch mit dem Bürgermeister und der Person für die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt. Man stand mir und meinem Anliegen durchaus wohlwollend gegenüber, jedoch meiner Bitte um Hissen der tibetischen Fahne vor dem Rathaus der Stadt Porta Westfalica, konnte und wollte man im Februar 2019 nicht so ohne Weiteres nachgeben. Die Öffentlichkeit müsse mitgenommen werden. Verständlich!

Also schrieb auch ich Leserbriefe, schrieb Emails an alle Parteien vor Ort, sprach mit Redakteuren unserer Tagszeitung und vor Allem setzte ich mich mit Christiane in Verbindung.

Ab nun waren wir zu zweit. Große Unterstützung fanden wir bei den Grünen unserer Stadt.

Ich ließ mich eintragen als offizielle Kontaktstelle der Tibet Initiative für Porta und Minden, so konnten wir Informationsmaterial erhalten, mit dem wir zu zweit dann im September 2019 auf unserem Stadtfest zwei Tage lang, wirklich unermüdlich und mit viel Spaß, einen Informationsstand organisierten und betreuten.

Wir stellten einen Bürgerantrag, der sehr in der politischen Landschaft der Stadt diskutiert wurde, besuchten einen Fraktionsausschuss, trafen uns mit Abgeordneten der Grünen, noch einem weiteren Termin im Haupt- und Finanzausschuss, dann endlich die Abstimmung im Rat der Stadt.

Mit nur einer Enthaltung wurde der Antrag auf Hissen der Tibetischen Fahne, am 10. März eines jeden Jahres, einstimmig angenommen!

So eine Freude!

Die Geschichte geht aber noch weiter. Porta war die eine Sache. Minden eine andere. Hier schlugen die Wogen schon höher. Hier drohte die Frage Tibets ein regelrechtes Politikum zu werden. Denn die Stadt und ihre Bürger waren uneins. Sollte man die Flagge wieder zeigen oder wegen der Städtepartnerschaft mit der chinesischen Stadt lieber nicht? Bei Veranstaltungen, wie die im November, bei der ein Tibet-Experte, Clemens Ludwig, und die in Tibet geborene Chinesin XU Pei, sprachen, zeigte sich der deutliche Wille aus der Bürgerschaft Mindens nach dem Eintreten für Menschenrechte.

Trotzdem war von Christiane, die in Minden den Einsatz für Tibet als ihre Herzensangelegenheit sah, noch sehr viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Umfangreiche Korrespondenzen mit Mitgliedern von Parteien und Gesprächen mit Bürgern Mindens aus beiderlei Lagern wurden von ihr gesucht und getätigt, bis dann gestern der, doch im Moment noch unerwartete und absolut überwältigende, Erfolg für die Sache Tibets offenbar wurde. In einer Sitzung der Stadt Minden wurde über dem Antrag der dortigen Grünen und dem der CDU abgestimmt. Bei einer Gegenstimme stimmt auch Minden für das Hissen der Fahne und somit für die Menschenrechte!

Was für ein Erfolg für Menschlichkeit und Mitgefühl!

Warum habe ich das alles überhaupt geschrieben? Nun in erster Linie geht es mir darum aufzuzeigen, dass jeder Mann und jede Frau in der Lage sein kann nicht nur sich einzusetzen, sondern auch wirklich etwas zu bewirken.

Natürlich ändern die beiden weiteren, gehissten Fahnen hier in Deutschland, erst einmal vordergründig nichts an der realen Lage in Tibet. Aber es ist doch ein Zeichen der Hoffnung und der Solidarität.

Hier in diesem Fall geht es um Tibet. Woanders werden andere Hoffnungszeichen gesetzt. Ich denke dabei zum Beispiel auch an den Hambacher Forst.

Ich möchte hier ermuntern sich für Zeichen der Hoffnung einzusetzen. Es lohnt sich. Immer!

Je mehr Menschen dies tun, desto eher wandelt sich die bloße Hoffnung und wird zu der Realität, die wir uns alle ersehnen und von der wir in unserem Herzen wissen, dass es sie gibt. Wir alle sind Gestalter der Wirklichkeit.

Christiane und ich an unserm Tibet-Stand / Stadtfest September 2019

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