„Der Klang der Stille“ – Gedanken zu Meditation

Zu keiner Zeit zuvor in der Geschichte der Menschheit war der Einzelne so vielen Eindrücken ausgesetzt wie heute.

Nahezu unaufhörlich prasseln, auch durch die neuen Techniken und Kommunikationssysteme, Informationen auf den modernen Menschen ein. Diese gilt es, oft in Windeseile, zu verarbeiten und sie stellen uns praktisch bedeutend häufiger als noch vor ein paar Jahrzehnten, vor den fast permanenten Druck, eine Entscheidung, häufig augenblicklich, fällen zu müssen. Dies ist eine gewaltige Aufgabe unseres Geistes und an der tatsächlich aber auch Menschen verzweifeln oder auch scheitern können. Ich nenne nur das Stichwort „burn out“.  Scheinbar fällt es uns häufig schwer Ruhe zu finden, abzuschalten oder uns zu fokussieren. Dabei denke ich nicht ausschließlich an die Berufswelt, sondern auch an die Eindrücke, die mit den globalen Problemen unserer Welt in Zusammenhang stehen. Berechtigte Sorgen um unser Klima, die Umweltzerstörung, weltweite Kriege und die dadurch entstehenden Fluchtbewegungen mit ihren schrecklichen Bildern, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, können Stress verursachen und führen womöglich zu Schlafstörungen und anderen Symptomen. Gerade auch Menschen, die das Ausmaß der Herausforderungen unserer heutigen Zeit erkennen und sich voller Mitgefühl und Empathie z.B.  anderen Menschen in Notlagen durch Organisationen oder dergleichen zuwenden, dort helfen und unterstützen, kommen häufig an ihre persönlichen Grenzen. Angesichts der großen Herausforderungen sehen sich viele Helfer überfordert. Aber auch der normale Alltag stellt uns vor Aufgaben, denen zu bewältigen in ruhiger, gelassener Haltung deutlich besser zu begegnen ist.

Hierbei kann uns die Einübung einer Meditationspraxis gute Dienste leisten. An Stelle der lauten Geräusche, der vielen Stimmen und der Bilder, die uns überfluten und auch an Stelle der immerwährenden Selbstgespräche und des ewig kreisenden Gedankenkarussells in unserem Kopf, können wir unseren Geist trainieren um dem Klang der Stille zu lauschen und eine innerliche Ruhe und Zentriertheit zu setzen. Statt immerfort im Außen Antworten zu erwarten, wo auch die Quelle der meisten Probleme liegt, können wir zu Erkenntnissen gelangen, die auf ganz anderer Ebene zu finden sind. Nämlich wenn wir sie im unserem Innen suchen.   

An dieser Stelle möchte nicht womöglich den Anspruch erwecken und mir nicht anmaßen, hier erschöpfend Auskunft oder Anleitung geben zu können über eine jahrtausendealte Praxis, die ihn quasi ungezählten, teils sehr guten Büchern, zur Genüge beschrieben ist und die von vielen Quellen gespeist und verschiedenen Strömungen getragen wird und die in einem Blog auch einfach den Rahmen sprengen würde. Wer sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen möchte, dem empfehle ich, sich in guten Büchern zu informieren und sich so auch gerne auf intellektueller Ebene mit den möglichen Erfahrungen des Geistes und den dazu gehörenden Übungen zu befassen. Einige der von mir gemeinten Büchern finden sich unter „Buchtipps und mehr“ auf dieser Internetseite. Für die eigentliche Praxis ist nach meiner Erfahrung eine Meditations- oder/und Kontemplationslehrerin oder -Lehrer unerlässlich. Sehr hilfreich ist es auch sich einer Meditationsgruppe anzuschließen.

Beginnen darf man zunächst aber auch durchaus allein. Das ist auch mein Anfang gewesen. Ich befolgte die scheinbar einfachste Anleitung, nämlich die, sich auf den eigenen Atem zu konzentrieren. Ihn zu beobachten, wie er kommt und geht und wenn die Gedanken zu sehr schweifen, zähle ich meine Atemzüge. Eins…ich atme ein, halte einen Moment inne -atme aus. Innehalten-Einatmen -zwei. Innehalten- ausatmen. Ich atme ein- drei, innehalten, ausatmen. Gezählt wird jeweils also beim Einatmen. So geht es bis zehn. Danach beginnt das Spiel von vorne. Eins…einatmen… Nach einiger Zeit kann man den Atem auch „gehen lassen“. Das Zählen ist nicht mehr nötig. Es atmet mich sozusagen. Man ist dann nur noch Beobachter und kommen erneut Gedanken auf, lasse ich sie wie sie sind. Ich folge ihnen nicht. Schweifen sie doch ab, dann nehme ich es einfach zur Kenntnis und lege wieder eine Zeitlang den Fokus auf meinem Atem. Des Weitern ist eine gute Sitzhaltung entscheidend. Gesessen wird oft auf einem Meditationskissen- oder Bänkchen; wunderbar funktioniert aber auch einfach ein Stuhl. Die Hände liegen vielleicht locker mit den Handflächen nach unten weisend auf den Oberschenkeln. Der Blick ist,bei leicht geöffneten Augen und gesenktem Kopf, ungefähr einen bis eineinhalb Meter vor uns auf den Boden gerichtet. Die Augen können auch geschlossen werden. Das ist erst einmal nur von der Vorliebe des Meditierenden abhängig. Zu Beginn können auch fünf Minuten des Übens völlig ausreichend sein. In Laufe der Zeit wird man wie von selbst die Dauer erhöhen. Wichtiger ist, besonders am Anfang, auf jeden Fall die Regelmäßigkeit der Praxis, sowie diese als festen Bestandteil in seinen Tagesablauf zu integrieren und zwar so, dass sie sich sozusagen natürlich einfügt. Dadurch wird die Meditation mühelos zur guten Gewohnheit.

Gleich zu Beginn meiner Übungen hatte ich das Gefühl des „Richtigseins“, des „Nachhausekommens“. Und so ist es bei mir bis heute tatsächlich geblieben. Meine Form des Gebetes und der Kontaktaufnahme an das Göttliche oder wie auch der Einzelne es nennen mag, an Gott im persönlichen Gegenüber, an den Urgrund des Seins oder wenn man eher evolutionär denkt, auch die Anbindung an das Selbst, geschehen in der Mediation.

Da greift es viel zu kurz, wenn heute vielfach die Übungen der Meditation und der Achtsamkeit nur in Zusammenhang mit Gesundheit oder Optimierung des Geistes in Verbindung gebracht werden. Zwar stimmen die Beobachtungen von Ärzten, Wissenschaftlern und Gesundheitsbeauftragten großer Firmen, dass die regelmäßige Übung der Meditation und der Kontemplation zu besserer seelischen Belastbarkeit, zu mehr Ausgeglichenheit, zu weniger Krankheitsausfällen und höherer Effizienz auf dem Arbeitsplatz und nicht zuletzt zu einer insgesamt höheren Resilienz führen. Dies sehe ich jedoch nur als einen angenehmen und dankbar angenommenen Nebeneffekt, den ich bei mir auch durchaus beobachten kann.

Das Hauptmotiv für eine regelmäßige Praxis sollte meiner Meinung nach allerdings auf anderer Ebene liegen. Auf dem Weg zu der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit ist die Übung einer Meditationspraxis überaus hilfreich. Aber Meditation bedeutet nicht nur für uns selbst an sich zu „arbeiten“ um einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen, sondern es bedeutet einen Beitrag zu leisten für die evolutionären Schritte, die die Menschheit noch vor sich hat, sie zu unterstützen und tatsächlich auch zu beschleunigen. Laut Ken Wilber und anderen führenden Entwicklungsphilosophen sei sie sogar zu diesem Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte unabdinglich.

Achtsamkeit im Alltag, das bedeutet, bei den Handlungen in unserem täglichen Leben und das Sitzen in der Stille, die offizielle Meditationspraxis, arbeiten zusammen. Sie befähigen den einzelnen Menschen im Laufe der Zeit zu mehr Mitgefühl, sich selbst und der Welt gegenüber. Besonders die tibetische Praxis des Mitgefühls, das Tonglen führt auf Dauer zu mehr Verbundenheit.

So kann man sagen, dass Meditation ein Mittel darstellt, das durchaus geeignet ist, die Welt positiv zu verändern. Je mehr Menschen sich daran beteiligen, um so effektiver und nachhaltiger kann das geschehen. Die Möglichkeiten und Auswirkungen dieser Geistesübungen kann man nur im Selbstversuch erfahren. Ich möchte jeden ermuntern an diesem Experiment teilzunehmen.

„Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens. Das Gegenstück zur äußeren Stille ist innere Stille jenseits der Gedanken.“ Eckhart Tolle

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