Von der Hingabe an den Alltag

Wahrscheinlich kommt für jede Suchende irgendwann der Zeitpunkt, an dem sie sich fragt, wann und wo sie denn nun ihrem Verlangen nach spiritueller Fortentwicklung nachgeben kann und soll. Ganz absichtlich schreibe ich hier in der weiblichen Form, auch wenn es sicher auch den ein oder anderen Mann betrifft. Trotzdem glaube ich, dass es noch zumeist die Frauen sind, an denen doch weitestgehend die Organisation und Arbeit rund um die Familie und dem Zuhause hängt.

Diese Frage kam nun also auch auf mich zu. Wann besteht denn im Alltag für mich die Möglichkeit mich zurückzuziehen, für mich und an mir zu arbeiten? Zwischen all der Wäsche, dem Einkauf und dem für die Familie da sein, wo ist da die Zeit zur Meditation ohne Störung? Bei all der übernommen Verantwortung für Menschen und Ehrenamt und nicht zuletzt bei dem Kraftaufwand für einen sinnvollen, aber auch anstrengenden Broterwerb, wo bleibt, außer der abgeknapsten Zeit zur Regeneration, der Moment der inneren und äußeren Ruhe um sich dem Geistigen zu nähern?

In meinem Umfeld kenne ich einige Menschen, denen es möglich ist, ohne Weiteres, zum Beispiel ein Wochenende oder gar eine ganze Woche, ihren meditativen Übungen zu widmen. Sie buchen vielleicht ein Meditations-Retreat in einem Ort, möglicherweise mit klosterähnlichem Anspruch, in dem sie frei und ohne Ablenkung von Außen sein können und sich ganz hingeben können an die Versenkung ins Innen und so sich vielleicht dem Göttlichen annähern und einfach den Luxus ergreifen können, Exerzitien zu betreiben.

Mir ist aufgefallen, dass es sich in den meisten Fällen entweder um Männer handelt oder um Frauen, die oftmals schön älter und deren Kinder schon länger erwachsen sind, manchmal verwitwet und meistens nicht als Angestellte arbeitend.

Von Herzen gönne ich all diesen Menschen ihre Freiheit so zu Handeln und freue mich für sie!

Trotzdem muss ich für mich meine Situation klar erkennen und auch einsortieren, im Hinblick darauf, dass auch ich den starken Wunsch verspüre, auch auf geistiger Ebene, in meiner Entwicklung voran zu kommen. Auch für mich gibt es da kein Zurück auf dem eingeschlagenen Weg. Wie jeder Mensch, der den evolutionären Weg erkannt hat und begonnen hat ihn zu gehen, spüre ich ein Sehnen und Ziehen in eine bestimmte Richtung. Auf dem Wege werde ich von vielen Menschen unterstützt und begleitet. An dieser Stelle möchte ich meine große Dankbarkeit ihnen gegenüber zum Ausdruck bringen!

Aber mir ist klar geworden, dass ich mich nicht mit anderen Menschen und ihrem Leben vergleichen sollte. Für das Leben, das ich führe, habe ich mich vor langer Zeit entschieden und es ausgewählt. Ich habe Verantwortung übernommen, für liebe Menschen, für andere Lebewesen, für ein Engagement, um die Welt ein kleines bisschen gerechter und lichtvoller zu machen und dieser Verantwortung muss und möchte ich mich stellen. Solange man mich braucht, solange werde ich mich nicht meiner von mir selbst gewählten Aufgabe entziehen können. Und im Moment beinhaltet sie eben auch, dass ich nicht ganz frei über meine Zeit verfügen kann, dass ich eben nicht einfach eine Woche lang mich in Meditation üben kann, auch wenn ich es vielleicht gerne täte.

Etwas ist mir klar geworden: Meine Aufgabe und Bestimmung liegt genau da, wo ich mich befinde, mit all dem was um mich herum ist und dem auch ich Gabe und Aufgabe bin. Trotzdem ist mir schon viel gelungen auf dem Weg. Vieles in meinem täglichen Ablauf konnte ich ändern. Meistens ist es mir möglich zweimal täglich zu meditieren und auch sonst jede Gelegenheit wahrzunehmen, die ich in meiner Situation verantworten kann, um mein Leben weiterhin in die Richtung weiterzutreiben, die ich als richtig und sinngebend verstanden habe. Meine Prioritäten haben sich, erst unmerklich, später auch für andere wahrnehmbar, verändert. Es ist also möglich, auch einer Frau mit Familie und Beruf, eine weitere Dimension in ihren Alltag zu lassen.

Um Hingabe, Demut und Liebe zu üben, muss ich allerdings nirgendwo anders hingehen. Um dem Göttlichen nahe zu sein brauche ich kein Klosterleben, sondern einzig das Bemühen, um im jeweiligen Augenblick, in Bewusstheit, mein eigenes Leben zu leben, präsent im Hier und Jetzt zu sein. Jetzt. Mit Liebe im Herzen. Und immer wieder „Jetzt“.

Wunderbare Zeit der Hingabe an das Leben im Alltag

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